Jedes Ende ist auch ein Anfang :)

Eine tolle Aussicht von der Leiter über die weite Apfelplantage.
Eine tolle Aussicht von der Leiter über die weite Apfelplantage.

 

Keine Sorge... so dramatisch schlimm, wie die Überschrift klingen mag, ist es gar nicht... Kai und ich gehen nach wie vor glücklich gemeinsam unsere Wege. Dennoch kamen die Steine jetzt ins Rollen und es war Zeit für eine Veränderung. Den Anstoß dazu gab unsere Arbeit. Nachdem die Apfelplantage fertig war, freute sich unsere Gruppe schon auf die nächste bevorstehende Herausforderung. Vom Packhouse fuhren wir mit unseren neuen Supervisorinnen zur nächsten Apfelplantage (so langsam wurde uns bewusst, wie groß die Mc Lean Farmen wirklich waren). Hier erwarteten uns bereits der Boss Adam und sein Sicherheitsbeauftragter. Beide machten einen höchst unsympathischen Eindruck auf uns. Es gab einen Crashkurs zur Arbeit mit einer Leiter, was wir am Ende alle unterzeichnen mussten. Danach wurde unsere Gruppe aufgeteilt in zwei kleinere Gruppen und die eigentliche Arbeit konnte beginnen: Apple Thinning. Die Apfelbäume trugen so viele junge kleine Äpfel, dass die Zweige einfach abbrechen würden, wenn man sie nicht ausdünnen würde. Mal davon abgesehen, dass viele Äpfel sich die Energie teilen müssten und es natürlich saftigere und größere Äpfel ergab, wenn man vorher ein paar Kleinere und Unschönere entfernt. Nur welche Äpfel dürfen bleiben, und welche müssen gehen? Das ist das ganze große Geheimnis des Apple Thinnings... was sich uns bis heute nicht erschlossen hat! Wir haben uns wirklich bemüht, aber wenn es drei unterschiedliche Anleiter gab, gab es auch drei unterschiedliche Meinungen und immer machte man es „verkehrt“. Von Anfang an machte uns diese Arbeit wenig Spaß. Wir arbeiteten gründlich... unten an den Bäumen sollten pro kleinem Zweig immer 2 Äpfel übrig bleiben, alles was über dem Kopf hing, nur einer. Klingt easy. Wir arbeiteten drauf los... hinter uns zogen die Supervisoren ihre Runde... guckten sich die Bäume an, checkten den Boden ab, was so unten lag. Hier standen wir ganz anders unter Beobachtung, als wir es bisher gewohnt waren. Dann kamen die ersten Anweisungen: Hier unten könnt ihr noch mehr abnehmen, die Äpfel sind zu schwer für den Ast... Ok... Bei Kai die Anweisung, du nimmst zu viel ab, lass noch welche stehen. Nach den nächsten 10 Minuten war es wieder zu viel, was noch dran war... alles in allem sehr frustrierend, weil es einfach kein nachvollziehbares Schema gab! Hieß es morgens, wir sollten alle Äpfel abnehmen die unter einem Zweig hingen, weil sie keine Sonne abbekommen würden, beschwerte man sich mittags, dass ja unter den Zweigen keine Äpfel mehr seien. Weiterhin wurden die Äpfel unserer ausgedünnten Bäume gezählt und notiert... alles sehr merkwürdig. Da die Bäume sehr hoch waren, mussten wir die Leitern von Baum zu Baum tragen und zweimal an jede Seite heranstellen um auch oben alles zu erwischen. Insgesamt dauerte es nach einiger Übung ca. 15 Minuten bis man einen Baum ausgedünnt hatte. Dabei musste man auch aufpassen, dass man nicht aus Versehen einen Zwei mit abriss... natürlich lösten sich die jungen Äpfel nicht sonderlich freiwillig vom Zweig... bis man da den richtigen Dreh raushatte, dauerte es etwas. Um schneller zu sein, sollten wir beidhändig arbeiten (egal ob oben auf der Leiter oder nicht). Fanden die Kontrolleure zu viele Zweige auf dem Boden, drohten sie mit dem Rauswurf (so erging es zweien aus unserer kleinen Fünfergruppe) und genau das Gleiche passierte, wenn man die Äpfel einfach runterfallen ließ und nicht hinter sich warf, da sie sonst andere Äpfel verletzen könnten.

 

Am zweiten Tag gingen wir mit neuer Motivation auf Arbeit... aber auch diesmal hielt sie nicht lange an. Dafür sprach man immer häufiger von einem sogenannten „Contract“... ein Vertrag der ab der nächsten Woche kommen sollte... aha. Aber fragte man jemanden, gab es kaum klare Antworten...! Mit der Zeit fanden wir heraus, dass sich die Bezahlung anscheinend ändern würde, von der stündlichen Bezahlung des Mindestlohnes zur Bezahlung per ausgedünntem Baum (1,45 NZD pro Baum!!!). Wir hielten das Ganze noch für einen Scherz und gingen nach den 6h Arbeit am Samstag (nein danke zu Extra Hours) ins verdiente Wochenende!

 

Nachdem wir von unserer Wanderung im Kahurangi NP wiederkamen am Sonntagabend hatte keiner von uns beiden richtig Lust am Montag wieder auf Arbeit zu gehen... Und beim Durchrechnen fiel uns auf, dass wir 10 Bäume pro Stunde schaffen müssten, um gerade mal den Mindestlohn zu erreichen. Das ist Akkordarbeit! Aber wir hatten einen derartigen Vertrag nie unterschrieben und nach wie vor klärte uns keiner darüber auf. Noch vor der ersten Pause trafen wir einen Entschluss, wir würden diesen Job keine Stunde länger als nötig machen. Die 8 Stunden würden wir noch durchhalten, aber danach wollten wir mit Yuki sprechen und kündigen. Die Mittagspause nutzten wir, um uns nach einem neuen Job umzugucken und wurden auch schnell fündig: Blaubeeren pflücken und Packhouse-Arbeit... Mindestlohn garantiert... das klang gut. Wir schrieben unsere Bewerbung und quälten uns durch die letzten paar Stunden. Als Sumii und Bobo auf dem Weg zur Toilette vorbeikamen, konnten wir in ihren Gesichtern ablesen, dass es ihnen ähnlich wie uns ging (Reden war verboten, wir waren immerhin zum Arbeiten da!). Ich schlich mich auch zur Toilette... die zwei und Michael waren auch total unzufrieden mit dem Job und der Art, wie uns ein anderer Vertrag untergeschoben werden sollte, den zu erfüllen an eine totale Verausgabung grenzte.

 

Die Kündigung verlief ziemlich problemlos, da wir eben einen ganz anderen Vertrag noch hatten und wir bereuten nichts!! Es fühlte sich richtig gut an! Gerade als wir erfuhren, dass unsere Freunde auf der Nordinsel für die selbe Arbeit 7 NZD pro Baum bekommen... Alles richtig gemacht. Als die anderen am Nachmittag von unserer Kündigung erfuhren, kamen sie auch ins Überlegen und so kam es wie es kommen musste: es kündigten nach und nach noch 5 Weitere, so dass von unserer 10 Personen starken Arbeitsgruppe am Ende noch 3 übrig blieben. Irgendwie sprach das für sich.

 

 

Unterdessen hatte sich John (der Besitzer der Blueberryfarm) auf unsere Bewerbung gemeldet, so dass wir ihn noch am selben Tag in Motueka auf ein kurzes Kennenlern-Gespräch trafen. Wir könnten gleich am nächsten Tag vorbeikommen und seine Farm besuchen, uns alles ansehen und entscheiden, ob wir den Job annehmen wollen. Wir erzählten auch den anderen davon, die uns dann am nächsten Tag begleiteten. John Heaths Farmgelände liegt ca. 20 Kilometer von Motueka entfernt im Motueka Valley hinter Ngatimoti. Wunderbar eingebettet zwischen den Bergen und direkt am Motueka River neben einer Swing Bridge! Wenn wir schon auf der Kiwifarm mit Blick auf die Berge dachten, wir wären am schönsten Arbeitsplatz der Welt angekommen, so sahen wir jetzt wie wir uns getäuscht hatten: DAS war noch viel schöner! John führte uns über seine Farm, zeigte die Blaubeerfelder, die Apfelplantagen, die Arbeitsschuppen, das Packhouse mit dem angrenzenden Shop und schließlich die kleine Hütte, in die wir einziehen könnten. Er will nicht mal Miete dafür haben, nur eine wöchentliche Stromzahlung von 25 NZD pro Person! Wow. Außerdem war er uns von Anfang an sympathisch... so dass wir kurzerhand zusagten: Am Sonntag konnten wir umziehen und am Montag sollte die Arbeit starten... also knapp eine Woche frei. . Den anderen sagte er leider ab, da er nicht wisse, ob er aktuell so viele Leute bräuchte. Wir blieben trotzdem noch eine Weile, genossen unseren freien Tag und testeten die Tragfähigkeit der Hängebrücke aus! :)

 

 

Während die anderen danach weitere Farmen in der Umgebung auf der Suche nach einem Job abfuhren, machten wir uns zurück auf den Weg nach Motueka, um Kate und Jay die Neuigkeiten zu überbringen. Wir waren ein bisschen aufgeregt, weil es weiter ging und ein bisschen traurig, weil sich unsere Wege nun in Bälde wieder trennten. Aber wir machten einen wunderbaren Plan für Weihnachten: Wir würden zusammen feiern! Das klingt doch perfekt! Weihnachten im Kreise unserer neuen, kleinen, neuseeländischen Familie!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Heidi (Sonntag, 18 Dezember 2016 10:52)

    Viel Glück und Spaß bei der neuen Arbeit. Auch wenn es vermutlich die großen Kulturheidelbeeren sind: Vielleicht kommen da Erinnerungen an die kleinen Verwandten in den polnischen Wäldern hoch;)

  • #2

    Elke (Montag, 19 Dezember 2016 14:22)

    Hallo Ihr 2,
    das auf der Apfelplantage klingt ja wie Kapitalismus pur. Brrr gruselig! Ihr habt alles richtig gemacht, lasst Euch nichts gefallen. Viel Spass und Glück mit den Heidelbeeren.
    Liebe Grüße aus Berlin, Elke