BLAU – WIR SEHEN NUR NOCH BLAU :)

Beim Ausmisten... das war ein riesen Projekt... fällt aber viel leichter, wenn einem der Müll nicht gehört ;)
Beim Ausmisten... das war ein riesen Projekt... fällt aber viel leichter, wenn einem der Müll nicht gehört ;)

 

Die ersten zwei Wochen sind fast vorbei, seitdem wir umgezogen sind und wir haben uns gut im Motueka-Valley eingelebt. Mittlerweile haben wir uns auch daran gewöhnt, dass wir eben für mehrere Tage einkaufen müssen, wenn wir Mittwochs zum Fußball nach Motueka fahren (immerhin ist unser „Kühlschrank“ groß genug). Die Arbeit hier erledigen wir größtenteils selbstständig ohne dass uns Supervisoren über die Schulter gucken. So auch unser erster Arbeitstag am Montag, den 12.12.2016. John hatte uns abends noch gezeigt, was unsere Aufgaben waren und er war den gesamten Montag nicht da. Es kam auch sonst niemand gucken, der kontrollierte, ob wir auch wirklich arbeiteten. Aber, was uns John aufgetragen hatte, reichte für den gesamten Tag ohne große Pausen: Kurz zusammengefasst stand auf dem Plan, alles bereit zu machen für das große Vorweihnachtspflücken, was am Dienstag beginnen sollte. Dazu galt es das Packhouse auf Vordermann zu bringen, den Laden zu putzen, alle großen Lieferkisten sauber zu machen und die kleinen Pflück-Körbchen. Die Zeit konnten wir uns selbst einteilen, so dass wir uns nach einem gemütlichen Frühstück in die Arbeit stürzten. Während ich mit Staub, dreckigen Fenstern und tausenden von Spinnen im Laden kämpfte, hörte ich Kai plötzlich nebenan reden... und das auch noch auf deutsch... komisch. Kurz darauf kam er wieder: „Hier waren gerade drei Deutsche, die John gesucht haben, ich hab sie mal zum Haus geschickt.“ Kurze Zeit später waren sie wieder da, da John ja unterwegs war. So lernten wir unsere, zu diesem Zeitpunkt etwas verwirrten Mitbewohner und einen Teil unserer neuen Arbeitsgruppe kennen: Vanessa, Stephanie und Philipp. Sie hatten John eine Sms geschrieben, ihnen wurde zugesagt und sie waren wie verabredet heute hier... nur John schien das Ganze irgendwie verplant zu haben und er würde auch erst am Abend des nächsten Tages wieder kommen. Naja kein Ding: Willkommen! Sie sollten sich einfach an uns halten, wir würden alles nötige auch für den nächsten Tag, den Pflücktag, wissen. Taten wir das? Hoppla! Nagut, wiedermal ein guter Zeitpunkt Kompetenz, bei völliger Unwissenheit auszustrahlen... äh ja. Aber vorerst waren wir noch gut mit dem Putzen beschäftigt. Die anderen drei hatten dafür alle Zeit der Welt, die Farm und Umgebung zu erkunden. Wir verstanden uns von Anfang an gut! Während Vanessa und Stephi hier ebenfalls auf Working-Holidays sind, begleitet Philipp sie nur für einen kurzen Zeitraum und macht etwas Urlaub, bevor er zurück nach Deutschland und auf Arbeit muss. Dementsprechend arbeiten auch nur die zwei, während Philipp seine Zeit gut nutzt, in dem er wandern geht, am Fluss entspannt, ein wenig den Haushalt schmeißt und einen Segelschein in Nelson macht.

 

Stephi beim Packing und Aussortieren...
Stephi beim Packing und Aussortieren...

 

Und wir? Wir stürzten uns in den Blueberry-Alltag! Am nächsten Tag ging es für uns runter aufs Blaubeerfeld. Dort lernten wir einige Locals kennen, die schon länger für John arbeiteten und schon auf uns und die Körbe warteten. Während es für Vanessa und Stephi nach der ersten Pause um 10:30 hoch ins Packhouse zum Verpacken der bereits gepflückten Beeren ging und sie das Packhouse-Personal wurden, wurde ich zur Pflückerin. Hier unten hörte man im Laufe der Zeit viele Geschichten: Bevor John die Farm übernahm, gehörte sie seinem Vater, der nur nach gepflückten Kilo bezahlte. Mit dem eingeführten Mindestlohn hatte John noch letztes Jahr alle mindestens mit Mindestlohn bezahlt, wodurch es zu Unruhen zwischen den Backpackern und Locals gekommen sei. Die Locals hatten registriert wieviele Körbe jeder abgab und fanden es gemein, dass die Backpacker für das gleiche Geld weniger ablieferten (wobei das auch völlig normal ist, denn auch Blaubeerenpflücken will gelernt sein und jahrelange Erfahrung macht da viel aus, was die Sorgfältigkeit und Schnelligkeit angeht). Dieses Jahr sollte es dann wieder per „Contract“ geregelt sein. Mir klingelten die Ohren, als ich das hörte. Jey... ein neuer Contract. So ein Mist! Aber vorerst hatten wir Schonfrist in der ersten Woche und es blieb beim stündlichen Mindestlohn. Es ist sowieso besser am Anfang erstmal auf die Qualität zu achten (denn wie wir feststellten, würde die noch früh genug unter dem Contract leiden). Neben einigen reifen Beeren, hingen auch noch viele rote und grüne Beeren am Strauch, um die man logischerweise drumherum pflücken sollte. Schnell wurde klar, dass bereits in der ersten Woche alles auf den Contract hinaus lief und eine kleine Challenge daraus gemacht wurde... und dass alles in irgendeiner Weise vermutlich zu Unzufriedenheit führen würde: zu langsam wäre nicht gut und zu schnell und mehr als die Locals kam auch nicht gut an. Wie gut, dass ich mich im Mittelfeld befand und den Mindestlohn beim Pflücken etwas überbieten konnte (38 kg Beeren pro Tag). Mit dem Start der nächsten Woche änderte sich leider neben der Qualität (was die Mädels im Packhouse sehr bemerkten, die die unreifen und matschigen Beeren aussortieren und eventuelle Stängel entfernen mussten) auch das Arbeitsklima. Jeder dachte nur noch an sich und das Geld da unten auf dem Feld. Kai hatte mit seinen Sonderaufgaben mehr Stress für den selben Stundenlohn. Er war für das Anheben und wieder Befestigen der Netze zuständig, flickte Löcher in den Netzen, sollte Vögel verjagen und trug vollgepflückte Körbe aus den Reihen. An den ersten Tagen übernahm er auch den Transport ins Packhouse. Viel zu tun. Nachdem wir sahen, was John mit den Vögeln hier machte, bauten Kai und Philipp eine Vogelscheuche in der Hoffnung, somit wenigstens einige der Vögel vor Johns Tennisschläger und Gewehr retten zu können. Aber dennoch verhedderten sich einige in den Netzen und sind vor John nicht sicher. So sympathisch er auch ist... und so gern wir auch hin und wieder mit ihm reden... das ist eine Sache, wo er unheimlich wird und die wir nicht nachvollziehen werden können. Das, was John zu viel redet, redet sein Bruder Brad zu wenig... Wenn wir uns hier Gruselgeschichten erzählen wollen, müssen wir nur an die Tiefkühltruhen im Packhouse, an die Sense unter unserer Hütte und an Brad denken und der Abend ist gelaufen! ;) Er hat die Mädels im Packhouse schon so manches Mal erschreckt, in dem er einfach nur plötzlich in einer Ecke stand ohne was zu sagen. Auf jeden Fall ein sehr menschenscheuer Mensch.

 

Aber alles in allem ein netter, kleiner, familiärer Farmbetrieb, der neben den großen Farmen hier sich durchboxt und eben leider auch zu solchen Contracts greift im Kampf ums Geld. Aber soweit wir mitbekommen haben, ist der Name hier gut bekannt für die guten Blueberries, die tatsächlich sehr lecker sind!

 

 

Unsere Nachmittage und Feierabende beginnen meist mit einem kurzen Arbeitsplausch, wo Neuigkeiten von „oben und unten“ ausgetauscht werden und über das Befinden gesprochen wird. Durch die Nähe zum Fluss kann nach einem harten Arbeitstag (8h in der Sonne Pflücken oder Beerensortieren im dunklen Schuppen) Erfrischung im River gesucht werden. Allerdings haben jetzt die Sandflys endgültig Einzug gehalten und sie haben uns letztes Mal in die Flucht geschlagen (das einzige Manko hier... diese lästigen, kleinen, fiesen Viecher!). Und abends lassen wir in geselliger Runde bei eins/zwei Bierchen den Tag ausklingen. In Anlehnung an die hallische Tradition einmal pro Woche Käseschnitzel zu essen, haben wir auch hier schon einen gemeinsamen Käseschnitzel-Abend eingelegt.

 

Ende der letzten Woche hat uns John einen Plaste-Weihnachtsbaum vor die Küche gestellt, den ich mit Girlanden und Disco-Kugeln geschmückt habe. Die Weihnachtsstimmung ist so semi stark ausgeprägt, aber so können wir immerhin nicht vergessen, dass Weihnachtszeit ist. :)

 

Und Phillipp und Kai haben schon das nächste Projekt in Angriff genommen: Die Bierbrauerei! :) Wir sind alle gespannt, was dabei rauskommt! :) Zu Neujahr sollten die 20 Liter fertig sein... oder kurz danach... mal sehen.

 

 

Mittlerweile sind wir hier zu neunt. Ende der letzten Woche kamen noch zwei Deutsche und Anfang der Woche ein französisches Pärchen dazu. John hatte zunächst Angst, dass es zu voll werden könnte und quartierte die zwei in der Nähe des anderen Schuppens, aber wir haben schnell beschlossen, die zwei zu uns zu holen... irgendwie ist so eine räumliche Trennung doch doof, vor allen Dingen, weil sie da vorher nur eine Toilette und eine Mikrowelle hatten. Das ist doch tatsächlich nicht wirklich optimal und wir sind uns eigentlich sicher, dass wir trotz vollem Haus und Johns schlechten Erfahrungen vom letzten Jahr schon gut miteinander auskommen werden!

 

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