Strände, Wasserfälle und ein interessanter Caravan – Auf dem Weg nach Invercargill

Das Bahnhofsgebäude in Dunedin
Das Bahnhofsgebäude in Dunedin

 

Es war an der Zeit, Dunedin den Rücken zu kehren: Es zog uns weiter gen Süden. Ein letztes mal Tanken und Einkaufen noch, da die nächst größere Stadt erst Invercargill sein würde, und es konnte losgehen. Das was die Strecke von Christchurch nach Dunedin zu wenig hatte, hatte die Strecke, die vor uns lag viel zu viel: Sehenswerte Zwischenstopps, die unser Vorankommen erheblich verlangsamen würden. Aber was sollte uns das stören: Wir hatten alle Zeit, die wir uns nehmen wollten... und das war vieeel Zeit. :) Und da wir so viel Zeit hatten, optimierten wir auch gleich unseren Fahrstil: Wir wurden zu Straßenschleichern oder sogenannten „Sonntagsfahrern“. Aber auch der Fahrer sollte einfach auf unserer Fahrt die Chance haben, ein wenig was von der Landschaft zu sehen und der zweite und ausschlaggebendere Punkt: Spritsparen! Tatsächlich zeigte sich in den nächsten Zeiten, dass wir mit der Tankfüllung viel weiter kamen, wenn wir mit maximal 2500 Umdrehungen fuhren. Damit die genervte Autoschlange nicht allzu lang hinter uns wurde, hielten wir immer mal am Straßenrand und ließen die LKWs und Drängler vorbei. Bei der Gelegenheit lernten wir den wirklich unangenehmen Drängel-Auffahr-Fahrstil der meisten Neuseeländer kennen. Nicht schön und auch nicht nötig... aber so ist es eben. Die Vorteile für uns überwiegen dennoch deutlich. So kamen wir ganz gemächlich in die Region Catlins und nach einem kurzen Stopp an der Old Sod Cottage (einer 1860 gebauten und noch original eingerichteten alten Siedlerhütte) am Nugget Point an. Die ist ein Kap, an dessen Ufern viele Felsen (die sogenannten Nuggets) aus dem Wasser ragen und es ist ein Zuhause für viele Seevögel und Seehunde. Als wir auf den Parkplatz vorfuhren, kamen uns eine Menge Menschen in Begleitung von Feuerwehr und Polizei entgegen... Wo waren wir denn da wieder reingeraten? Wir stiegen dennoch aus und spazierten wie selbstverständlich Richtung Kap. Es hielt uns keiner auf. Na prima... was auch immer hier war, es war offensichtlich vorbei und wir konnten passieren. Auf dem Weg zum Leuchtturm sahen wir noch, wie unten in der Bucht von einem Wasserwachtboot zwei herrenlose Kajaks geborgen und zur Küste abgeschleppt wurden. Später fanden wir heraus, dass hier zwei Kajakfahrerinnen in Seenot geraten waren und mittels Hubschrauber gerettet werden mussten: Zum Glück keine schlimmeren Verletzungen.

 

Wir liefen bis zum Leuchtturm und genossen den Sonnenschein und die herrliche Aussicht. Von unten zwischen den Klippen hervor hörten wir die Rufe der jungen Seehunde, die aufgrund der Entfernung kaum zu sehen waren.

 

Imposant und faul: ein Seelöwe am Cannibal Beach
Imposant und faul: ein Seelöwe am Cannibal Beach

 

Von dort fuhren wir gar nicht erst auf die Hauptstraße zurück, sondern fuhren abenteuerliche Gravelroad-Straßen zum Geheimtipp von Theresa und Jonas: Cannibal-Beach. Früher wurden an diesem Strandabschnitt unzählige Menschenknochen gefunden, die diesem seinen Namen gaben. Jedoch war die Kannibalenvermutung ein Irrtum, da es sich hierbei um eine frühzeitliche Grabesstätte handele. Als Empfehlung hatten wir es aus einem Grund bekommen: Seelöwen... und zwar zu allen Zeiten! Tatsächlich war es ein Zwischenstopp, zu dem sich nicht viele hin verirrten, was natürlich die besten Voraussetzungen für eine Wildtierbeobachtung mit sich brachte! Und wir wurden nicht enttäuscht: bis zu 12 Seelöwen schlummerten überall verteilt am Strand. Natürlich hieß es da, Vorsicht walten zu lassen. Seelöwen sind im Vergleich zu Seerobben sehr schnell an Land, können einen angeblich sogar einholen und würden ein Wegrennen als Spiel ansehen. Wenn man die Aufmerksamkeit eines Seelöwen erregt haben sollte, ist das einzig Richtige wie angewurzelt stehen zu bleiben und sich langsam nach hinten zu entfernen. So hatte es uns zumindest ein Hinweisschild gelehrt. Ob man in so einer Situation, wenn ein Seelöwe auf einen zurumpelt natürlich so cool reagieren kann, ist eine andere Frage... Wir ließen es besser nicht drauf ankommen.

 

 

Und weiter gings auf Schotterstraßen durch die wunderschöne Küsten- und Dünenlandschaft. Kurze Zeit später hielten wir wieder: Jacks Blowhole hatte unsere Neugier geweckt. Nach einem kleinen Spaziergang ging es ins Landesinnere. 200 Meter weg vom Meer, wo das Meeresrauschen schon verklungen war, hörten wir plötzlich direkt vor uns, aus dem Dschungel kommend ein lautes Fauchen und Brandungsgeräusch. Mitten im Wald... das war merkwürdig und beeindruckend zugleich... und plötzlich tat sich vor uns ein 55 Meter tiefes Loch auf, aus dem der Wind hinauf pfiff und tief unten konnte man sehen, wie die Wellen einen Tunnel gegraben hatten, weiter gruben und gegen die Felsen brandeten.

 

Die Wasserfälle mit dem langen Namen: Purakaunui Falls :)
Die Wasserfälle mit dem langen Namen: Purakaunui Falls :)

 

 

 

 

Es war bereits später Nachmittag als wir an den Purakaunui Falls ankamen. Dieser mehretagige Wasserfall war ein grandioser Abschluss für unseren Tag. Eine Weile lauschten wir dem Plätschern und sahen dem Wasserspiel zu, bevor wir den nur kurzen zehnminütigen Rückweg durch wunderschönes Buschland zurückliefen und auf unserem Campingplatz in Papawai eincheckten. Der Platz war wieder wunderschön gelegen, direkt an einem Inlet und damit mit eigenem Strandzutritt (keine Seltenheit in Neuseeland), wobei das Wasser hin und wieder einfach auch mal weg war,. Verrückte Sache mit der Ebbe und Flut. :)

 


The Lost Gypsy Caravan in Papawai
The Lost Gypsy Caravan in Papawai

 

Am nächsten Morgen kamen wir nicht umhin in Papawai bei einem auffällig grünen Caravan anzuhalten: Lost Gypsy Gallery. Allerhand selbstgebaute Statuen, Windspiele und Kuriositäten standen bereits draußen herum. Im Inneren des Vans war man dann wie in einem Wunder-Entdeckungsland: Lauter Hebel, Kurbeln und Knöpfe luden nur dazu ein, sie auszuprobieren und neugierig darauf zu warten, was geschah. Mal drehte eine Puppe unter dem Dach den Kopf, mal fuhr eine kleine elektrische Modell-Eisenbahn auf ihren Schienen quer durch den gesamten Van und löste wiederum durch hergestellte Metall-Metall-Kontakte andere Aktionen aus. Es war ein Schauspiel, aus Farben, Geräuschen und den schönsten Kinderspielzeug-Experimenten. Nachdem uns bereits der Caravan so sehr in seinen Bann gezogen hatte, zahlten wir gerne die 5 Dollar Eintritt und sahen uns auch noch ausgiebig im Garten um: Es machte einfach Spaß mit einer Kurbel riesige Fangarme in einem Meer aus dichter Hecke zum Leben zu erwecken oder auf einem Klavier Taste um Taste auszuprobieren und zu sehen, was passiert! :) Ein Experimentieren mit kleinen Kunstwerk-Experimenten. ;)

 

Suchbild: Wo ist Kai? ;) Im Hintergrund die Stufen des Mc Lean Falls
Suchbild: Wo ist Kai? ;) Im Hintergrund die Stufen des Mc Lean Falls

 

 

 

 

 

 

 

Es sollte so weitergehen, wie gestern und wir kamen schrittweise immer näher an Invercargill heran. Einige der Punkte, die auf unserer Karte als „sehenswürdig“ und mit blauem Sternchen markiert waren, fanden wir nicht, andere waren durch eine Straßengebühr beim Passieren von Privatland für uns dann doch gestorben. Aber das tat dem Stop-and-Go keinen Abbruch. Die Mc Lean Falls waren u.a. ein Stopp, wobei wir viel Glück hatten und zu unserem Zeitpunkt wenig Menschen da waren. Auf unserem Rückweg durch den Dschungel kam uns Busladung um Busladung entgegen... und der Parkplatz war plötzlich voll von Bussen und Campervans! Schnell weiter!

 

Mittag mit einer genialen Aussicht... Was will man mehr? Wir sahen sogar wieder Delfine! :)
Mittag mit einer genialen Aussicht... Was will man mehr? Wir sahen sogar wieder Delfine! :)

 

Nach einer Stärkung zum Mittag am Curio Beach zog uns ein uralter Wald in seinen Bann... oder besser gesagt das, was davon übrig war. Ein Wald, der existierte bevor es Vögel gab und der über die letzten 170 Millionen Jahre versteinerte. Übrig blieben versteinerte Baumstümpfe und versteinerte umgekippte Bäume. Man vermutet, dass ein stetiger, starker Regenfall auf aschebedeckte Vulkane in der Nähe Überflutungen aus Schlamm und Asche hervorrief, die den Wald unter sich begruben. Für die Versteinerung selbst sei dann das Silicium verantwortlich gewesen in der Asche. So zumindest erzählen es die Schautafeln. Wir wandelten über die Steine, die nur bei Ebbe begehbar waren. Ein paar Male musste ich mich bücken, um zu prüfen ob diese Holzstruktur tatsächlich aus Stein war... aber das war es natürlich. Sehr faszinierend!

 

Süd, Südlicher, Südpol :)
Süd, Südlicher, Südpol :)

 

Und weiter ging die lustige Fahrt gen Süden... soweit gen Süden, bis es nicht mehr weiter südlich ging. Wir waren am südlichsten Punkt der Südinsel angekommen: Slope Point. Wir blickten auf das Meer hinaus und wussten...: Die nächsten 4803 km kommt einfach nichts mehr... und dann Eismassen über Eismassen... Kai beobachtete Flugzeuge, die dennoch in diese Richtung flogen: Wo wollten die nur hin? Unverständlich. :)

 

Unser Campingplatz in Fortrose war ganz nah... wir waren schon fast da, wäre da nicht noch der Waipapa Point auf unserem Weg: Noch ein Leuchtturm an diesem Tag und viele interessante Geschichten über das abgeschiedene Leben der Leuchtturmwärter, bevor die Leuchttürme automatisiert wurden. Bis hin zum Blick auf ein gefährliches Riff (bei Ebbe klar sichtbar), was am 29.04.1881 zum Verhängnis für 151 Passagiere auf dem Schiff Tararua wurde. Eines der schlimmsten Schiffsunglücke vor den Küsten Neuseelands. Nachdem 131 Menschen bei diesem Unglück starben, wurde der Leuchtturm gebaut und es gab die Bestimmung, dass Schwimmwesten an Bord eines jeden Schiffes mitgeführt werden mussten. Es war zwar keine Ebbe, aber wir konnten sehen, wie weit das Riff hinausragte, wenn die Wellen über diesen Abschnitt brachen. Schon sehr tückisch.

 

 

Den perfekten Ausklang brachte dann der Sonnenuntergang in Fortrose... jetzt waren wir wirklich soweit südlich angekommen, dass kein Berggipfel den Sonnenuntergang verbergen konnte... :)

 


Am Samstag, den 18.02.2017 kamen wir endlich in Invercargill an. Die Stadt machte auf uns einen sehr leeren Eindruck. Obwohl Wochenende war, waren sehr wenig Menschen hier unterwegs. Generell säumten große Gebäude die quadratisch angelegten Straßen... alles sah so aus, als wäre es auf eine Menge Leute ausgelegt, die aber niemals kamen. Hinzu kam, dass es bis auf den Queenspark kaum einen Baum in der Stadt gab: Ein Meer aus Asphalt und Beton. Da gab es deutlich schönere Städte. Wir fuhren fast auf direktem Weg zu einer Pharmacy. Seit dem Surfen hatte Kai ordentlich mit Wasser im Ohr zu kämpfen, was einfach nicht mehr ablief und mittlerweile Schmerzen und ein unangenehmes Druckgefühl erzeugte. Da am Wochenende eh kein Arzt aufhatte und jeder Backpacker lieber in der Apotheke nachfragte, bevor man einen teuren Arzt konsultierte, schien uns das (dann noch an einem Wochenende) die schlaueste Variante, endlich etwas dagegen zu unternehmen. Wir bekamen Ohrentropfen gegen das böse swimmer ear und um einmal vorweg zu greifen: Das bedeutet bald Besserung für Kai. Ansosnten war es mal wieder Zeit für einen Bibliothekstag und einem netten Essengehen beim Türken. In Invercargill direkt gab es keine Möglichkeit kostenlos zu campen, deshalb suchten wir uns einen schön abgelegenen Campingplatz im Dunsdale Valley direkt am Dunsdale River raus. Leider keine Möglichkeit, um zu schwimmen... aber wozu hatten wir denn auch unsere Campingdusche. :) Schon jetzt waren wir sehr zufrieden, durch sie weniger auf teure Holidayparks angewiesen zu sein!


Rein zufällig im Stadion gelandet... Uns gefallen die Wechselbankhäuschen! :)
Rein zufällig im Stadion gelandet... Uns gefallen die Wechselbankhäuschen! :)

Am nächsten Morgen ging es gleich wieder nach Invercargill zu einem Waschsalon (es war mal wieder an der Zeit... irgendwann ist auch der letzte Schlüpfer gewendet ;)). Außerdem mussten wir uns einen Plan für die nächsten Tage machen: Wir wollten nach Stewart Island (die drittgrößte Insel von Neuseeland) und dort ein paar Tage verbringen. Wenn man einen Kiwi-Vogel in freier  Wildbahn sehen möchte, dann hat man dort die besten Chancen! In der Touristeninformation buchten wir die Flüge (es fährt auch eine Fähre... aber bei Kais Leidenschaft für Flugzeuge war die Entscheidung schnell getroffen) und eine geführte Kiwi-Spotting-Nachtwanderung mit 99 prozentiger Wahrscheinlichkeit auch wirklich einen Kiwi sehen zu können. Das klang vielversprechend. Den Great Walk (Rakiura Track) mussten wir selbst online buchen. So war also schnell ein Programm für die nächsten 5 Tage zusammengestellt und alles organisiert, ohne dass wir bisher eine Übernachtungsanfrage bei einem der Hostels gestellt hatten. Auf Stewart Island gab es drei Backpackerhostels und nur eine Stadt. Neben Oban findet man sonst nur Natur auf der Insel! Das klang perfekt für uns und wir freuten uns,schon, trotz der Ungewissheit, wo wir morgen abend dann wohl schlafen würden. Aber da wir für den Great Walk eh unser Zelt brauchten und es eben auch einen Zeltplatz in der Nähe von Oban geben sollte, machte uns das wenig Sorgen. Die erste Absage vom Hilltop Backpackers bekamen wir noch am selben Abend. Drücken wir die Daumen, dass es beim BBH Hostel besser aussieht!

Als wir nach dem ganzen Organisieren zum entspannten Teil des Tages kommen wollten (ein Nachmittag im Schwimmbad mit Whirlpool und Sauna) schlitterten wir mitten rein ins Glück. Im Stadion direkt neben dem Splash Palace war doch tatsächlich ein Fußballspiel im Gange... und nicht nur das: Der Eintritt war frei. So kam es, dass wir plötzlich ungeplant im Stadion saßen und uns ein Erstligaspiel ansahen: Wellington gegen die Gastgeber Southern United! :) Die Stimmung brodelte beim... naja... nicht ganz gefüllten Stadion und auch wenn das Spiel 3:1 für Wellington ausging schien keiner groß betrübt. Es war eben auch ein Spiel, wo das Schlusslicht der Tabelle auf die Tabellenspitze traf. Dennoch war es schön, endlich mal wieder Fußball zu sehen... mit der Bundesliga zu Hause kaum zu vergleichen... Aber nicht umsonst ist die favorisierte Sportart hier Rugby! :)

Danach war es noch entspannter im warmen Whirlpool zu sitzen, die Seele baumeln zu lassen und dann ausgiebig zu duschen! :) Zwei neue Menschen waren geboren!

Es war schon dunkel als wir nach dem Essenkochen und Skypen mit Kais Familie auf einem anderen kostenlosen Campingplatz in der näheren Umgebung von Invercargill ankamen. Lichter aus und Augen zu: Morgen würden wir also erneut in ein Flugzeug steigen und unser Zuhause für die nächsten 5 Tage am Flughafen zurücklassen.

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