Das Treffen mit einem Kiwi

Kai und sein Hobby :)
Kai und sein Hobby :)

 

Als es am Morgen hell wurde, hatten wir zum ersten Mal die Gelegenheit, unseren Campingplatz bei Licht zu sehen, da wir gestern viel zu spät erst angekommen waren. Wir schliefen erstmal in Ruhe aus. Uns trieb nichts so richtig an, da unser Flug nach Stewart Island erst gegen 16:00 Uhr losgehen sollte. Wir hatten also genug Zeit, unsere Sachen für die nächsten 5 Tage und einen Great Walk zu packen: Unsere großen Rucksäcke bekamen also mal wieder einen Einsatz. Beim Frühstück eine schlechte Nachricht: Auch das BBH Hostel hatte uns eine Absage erteilt... und als wir für ein viel zu teures Doppelzimmer dort anfragten, bekamen wir die nächste Absage. Alles schien ausgebucht zu sein für die nächsten drei Tage. Verrückt, das hatten wir uns deutlich leichter vorgestellt. Nicht mal die Luxuskabinen gab es noch. Hm... komisches Gefühl irgendwo anzukommen und noch keine Bleibe zu haben... aber gut: Da wir das Zelt ja eh mitnahmen, würde sich schon irgendwas finden... Es sollte auch einen Zeltplatz in der Nähe von Oban geben. Also nur keine Panik... als erstes würden wir die Hostels so abklappern und auf den etwas außerhalb gelegenen Campingplatz könnten wir dann immer noch gehen. So langsam wie wir in den Tag gestartet waren, hatten wir vor unserem Flug gerade noch Zeit, etwas essen zu gehen und schon waren wir an Kais Lieblingsplatz: Einem Flughafen. Zugegebenermaßen ein kleiner Flughafen mit nur wenig Flugverkehr und kleinen Maschinen. Aber die Begeisterung war ihm dennoch deutlich ins Gesicht geschrieben. :) Wir Fluggäste (mit uns 6 Leute und ein Hund) wurden persönlich vom Piloten (und damit der vollzähligen Crew ;)) abgeholt und liefen hinter ihm her zum Flieger: Ein Britten Norman Islander. Zu unserem (oder besser zu Kais) Glück saßen wir gleich hinter dem Piloten und hatten damit beste Sicht, sowohl nach draußen als auch auf alles, was der Pilot tat. ;) Wir hoben ab an einem sonnigen Tag über Invercargill, aber über der Meeresstraße unter uns brauten sich die Wolken auf und kurze Zeit später, war eine dichte Wolkendecke unter uns und wir sahen in der Ferne die Insel in den Wolken: Stewart Island. Für den Landeanflug mussten wir durch die Wolken und waren damit auf der regengrauen Insel gelandet. Ein Busshuttle brachte uns in die einzige Stadt der Insel: Oban. Mit unseren großen Rucksäcken standen wir dann auf der Straße und hatten tatsächlich gleich bei unserem ersten Versuch Glück: Stewart Backpackers hatte tatsächlich einen kleinen Zeltplatz hinter seinem Hostel. Perfekt. Und nicht nur, dass uns der Besitzer mit unserem Zelt einen Unterschlupf geben wollte... nein eins seiner Zelte war sogar noch frei. Damit konnten wir uns das Auf- und Abbauen unseres Zeltes sparen! Mal ganz davon abgesehen, dass wir somit in ein 4er Zelt mit massig Platz einzogen! Wir konnten uns sogar im Stehen umziehen und bezahlten noch weniger als die Leute in einem 6 Bett Dorm! Also alles richtig gemacht!!! Aber jetzt war es Zeit, Oban zu erkunden.

 

 

Den Abend verbrachten wir in der Lounge vom Hostel. Obwohl uns das geschäftige Treiben eines Hostels nicht so sehr gefällt, war der Abend ganz gemütlich... und wir lernten gleich: Wenn wir morgen kochen wollen, sollten wir vor 17:00 damit anfangen, um sich nicht mit allen rum zu drängeln. Mit unserem Palastzelt hatten wir auf jeden Fall auch genug Privatsphäre und konnten uns zurückziehen, als es uns schließlich zu viel wurde. Dass es auch wasserfest war, zeigte gleich die Nacht und der nächste Morgen.

 


Wieder am Strand von Oban während einer kurzen Regenpause
Wieder am Strand von Oban während einer kurzen Regenpause

 

 

 

 

Die Regenzeit verbrachten wir in der kleinen Bibliothek. Zum späten Nachmittag gab es eine Regenpause und wir liefen durch Oban zu einem Aussichtspunkt und einem kleinen Dschungelwalk. Essen gab es selbstverständlich bei Kai Kart und wieder wartete ein gemütlicher Abend in der Lounge auf uns. Wir genossen es, dass hier auf der Insel deutlich weniger Betrieb war und die gesamte Insel bis auf Oban ein einziges großes Naturschutzgebiet war. Gleichzeitig waren wir gespannt auf unsere dreitägige Wanderung durch eben diese Natur. Aber vorerst stand unsere Kiwi-Spotting-Tour an.

 

Die Fähre steht bereits am Pier
Die Fähre steht bereits am Pier

 

In der Dämmerung machten wir uns auf den Weg zum Hafen. Dort erfuhren wir allerhand Wissenswertes über die Kiwis in einer PP-Präsentation. Häufig würde es geschehen, dass Touristen eine Weka für einen Kiwi halten würden... dabei unterscheiden sich die, auf den ersten Blick sehr ähnlichen Vögel gewaltig voneinander. So ein Kiwi Vogel ist einfach riesig mit seinen 40 cm Rückenhöhe! Die Beine sind enorm ausgeprägt und der Schnabel ist ewig lang. Die rudimentär ausgebildeten Flügel sind einfach kaum noch vorhanden und dienen den Vögeln nur noch als Schnabelhalter während des Schlafens. Kiwis haben sogar unter dem Federkleid sichtbare externe Ohren! Aber durch die Federn, die so sehr nach einem plüschigen Fell aussehen und ihnen dieses niedliche Flauscheball-Aussehen geben, gut versteckt. Weiterhin haben diese merkwürdigen Vögel doch tatsächlich Schnurrbarthaare wie eine Katze! Wir hatten uns in diese kleinen niedlichen Flauschebälle regelrecht verliebt und sahen gespannt unserer Nachtwanderung entgegen. Es wurde Zeit, eines der Wahrzeichen Neuseelands endlich in freier Wildbahn zu beobachten. Aber vorher war es Zeit für eine kleine Geschichte...

 

 

Wie der Kiwi seine Flügel verlor

Quelle: http://www.maori.org.nz

Übertragung aus der englischen Sprache mit Maori-Begriffen von Brigitte Spahr

 

 

Eines Tages ging Tanemahuta (Gott, Wächter des Waldes) durch den Wald. Er schaute hinauf zu seinen Kindern, den Bäumen, die sich zum Himmel reckten, und bemerkte, daß sie begannen krank zu werden, weil sie von Käfern zerfressen wurden. Er sprach mit seinem Bruder Tanehokahoka, der sogleich alle seine Kinder, die Vögel des Himmels, zusammenrief. Tanemahuta sprach zu ihnen:

 

" Etwas verzehrt meine Kinder, die Bäume. Ich brauche einen von euch, der aus den Baumkronen herunter kommt und fortan auf dem Boden lebt, so daß meine Kinder und auch eure Heimat gerettet werden können. Wer will kommen?"

 

Alles war still, und kein Vogel gab einen Laut. Tanehokahoka wandte sich an Tui (Flötenvogel):

 

"He, Tui, willst du vom Blätterdach herunterkommen?"

 

Tui schaute an den Bäumen hinauf und sah das Sonnenlicht durch die Blätter sickern, er sah hinunter zum Waldboden und sah die kalte, dunkle Erde und schüttelte sich.

 

"Nein, Tanehokahoka, es ist zu dunkel und ich fürchte mich vor der Dunkelheit."

 

Alles war still, und kein Vogel gab einen Laut. Tanekohakoha wandte sich an Pukeko ( Sumpfhuhn ):

 

"Pukeko, willst du herunterkommen?"

 

Pukeko sah an den Bäumen hinauf und sah das Sonnenlicht durch die Blätter sickern, er sah hinunter zum Waldboden und sah die kalte, dunkle Erde und schüttelte sich.

 

"Nein, Tanehokahoka, es ist zu feucht, und ich möchte nicht, daß meine Füße nass werden."

 

Alles war still, und kein Vogel gab einen Laut. Tanehokahoka wandte sich an Pipiwharauroa ( Kuckuck ):

 

"Pipiwharauroa, willst du vom Dach des Waldes herunterkommen?"

 

Pipiwharauroa schaute an den Bäumen hinauf und sah das Sonnenlicht durch die Blätter sickern. Pipiwharauroa schaute sich um und sah seine Familie an.

 

"Nein, Tanehokahoka, ich bin im Moment damit beschäftigt, mein Nest zu bauen."

 

Alles war still, und kein Vogel sprach. Die Traurigkeit im Herzen Tanehokahokas war groß, weil er wußte, daß nicht nur sein Bruder seine Kinder verlieren würde, wenn keines seiner Kinder aus den Baumkronen herunterkommen wollte. Auch die Vögel hätten dann keine Heimat mehr. Tanehokahoka wandte sich an Kiwi:

 

"He, Kiwi, willst du vom Blätterdach herunterkommen?"

 

Kiwi sah an den Bäumen hinauf und sah das Sonnenlicht durch die Blätter sickern. Kiwi schaute sich um und sah seine Familie an. Kiwi schaute zur kalten, feuchten Erde. Nachdem er sich noch einmal umgeschaut hatte, wandte er sich an Tanehokahoka und sagte:

 

"Ich will."

 

Die Freude in den Herzen von Tanehokahoka und Tanemahuta war groß, denn dieser kleine Vogel gab ihnen Hoffnung. Doch Tanemahuta mußte Kiwi auch warnen vor dem, was geschehen würde.

 

"He, Kiwi, bevor du dies tust, solltest du dir im Klaren sein, was geschieht. Du wirst dick und plump werden, du wirst starke Beine und Zehen bekommen mit denen du Holzscheite am Boden auseinanderreißen kannst, du wirst deine wunderschönen bunten Federn und deine Schwingen verlieren und du wirst nie mehr in die Baumkronen zurückkehren können. Du wirst nie mehr das Tageslicht sehen."

 

Alles war still, und kein Vogel gab einen Laut.

 

"He, Kiwi, willst du dennoch vom Dach des Waldes herunterkommen?"

 

Kiwi warf einen letzten Blick auf die Sonnenstrahlen, die durch die Bäume flimmerten und sagte ihnen leise Lebewohl. Kiwi warf einen letzten Blick auf die anderen Vögel, auf ihre Schwingen und ihre bunten Federn und sagte allem ein leises Lebewohl. Nachdem er sich noch einmal umgesehen hatte, wandte er sich an Tanehokahoka und sagte:

 

"Ich will."

 

Dann wandte Tanehokahoka sich an die anderen Vögel und sprach:

 

"He, Tui, weil du dich so sehr gefürchtet hast herunterzukommen, sollst du von nun an zwei weiße Federn an deiner Kehle tragen, die dich als Feigling ausweisen. Pukeko, weil du dir deine Füße nicht nass machen wolltest, sollst du für immer im Sumpf leben. Pipiwharauroa, weil du zu beschäftigt warst, dein Nest zu bauen, wirst du von nun an niemals wieder ein Nest bauen, du wirst deine Eier in anderer Vögel Nester legen. Aber du Kiwi, weil du ein großes Opfer gebracht hast, sollst der bekannteste und der am meisten geliebte Vogel von allen sein."

 

 

Wir hatten gebannt der Geschichte gelauscht und sahen den Tui, Pukeku und Kiwi gerade zu vor uns. Mittlerweile war es dunkel geworden und es war Zeit, aufzubrechen. Somit gingen wir an Bord der Fähre, die uns raus aus der Hafenbucht zur Little Glory Bay fuhr. Im Dunkeln konnten wir nur Umrisse der kleinen Inseln vor Stewart Island sehen. Aus den Wolken, die aufgezogen waren, begann es langsam zu tröpfeln. Kein Problem, Regenjacken hatten wir selbstverständlich dabei. Unsere große Gruppe wurde in zwei kleinere ca. 12 Leute große Gruppen geteilt,wir wurden nochmal über die Gefahren aufgeklärt (in dem Fall wäre der worst case ein sehr aktiver, wacher Seelöwe am Strand) und ab gings im Entenmarsch in den dunkeln Dschungel hinein. Wir hatten alle Taschenlampen... aber um die Kiwis nicht zu verscheuchen hatten wir die nur, um den Weg etwas auszuleuchten, nicht über Wurzeln zu stolpern oder gegen Äste zu laufen. Die Einzige, die aktiv nach Kiwis suchte, war unser Guide. Leise sollten wir zudem sein: Kiwis sehen nicht besonders gut... aber hören können sie umso besser und riechen. Mit ihrer sehr lustig geformten Nase am Ende des Schnabels durchkämmen sie den Boden nach Seegrasflöhen am Strand und anderen Käfern am Waldboden. So leise wie eben eine 12 köpfige Gruppe im Wald sein kann, schlichen wir Schritt um Schritt voran. Immer wieder stoppten wir um zu lauschen, ob wir den Ruf eines Kiwis hören konnten. Am Strand empfing uns das Meeresrauschen und ein steter Nieselregen und eine halbe Stunde nachdem wir losgelaufen waren, hatten wir tatsächlich Glück und ein mehr als entspannter, großer Kiwi stapfte an uns vorbei... die Nase im Sand. Für Fotos war es leider viel zu dunkel... daher müssen euch die Schilderungen reichen, wie faszinierend diese Begegnung war. Er schien sich in keinster Weise von uns stören zu lassen... er zeigte nicht mal in irgendeiner Art Interesse, sondern stapfte gemächlich weiter, während wir ihn noch ein paar Meter hinterher liefen. Auch wenn die Tour mehr als teuer war, hiermit hatte sie sich ausgezahlt: Wir haben unseren Kiwi in freier Wildbahn gesehen! ((Und das können tatsächlich selbst die wenigsten Neuseeländer von sich behaupten!))

 


Tagsüber so gut wie unmöglich und auch nachts in der Stadt eher ein Glücksfall auf einen Kiwi zu treffen
Tagsüber so gut wie unmöglich und auch nachts in der Stadt eher ein Glücksfall auf einen Kiwi zu treffen

 

 

 

Beeindruckt von den Erfahrungen der letzten Nacht, versuchten wir tatsächlich die nächsten drei Tage unser Glück und gingen sowohl in unserer letzten Nacht in Oban, als auch während des Great Walks nachts auf eigene Kiwi-Spotting Tour... allerdings ohne Erfolg. Doch vorerst war der letzte Tag vor unserem 37km langen Great Walk angebrochen. Die letzte Gelegenheit, Oban und Umgebung zu erkunden und wir hatten sogar gutes Wetter nachdem es die Nacht über durch geregnet hatte. Was stimmte da in Hinsicht auf morgen mehr ein, als eine kleine Wanderung: 3,5h Ryans Creek Loop mit einem Abstecher zum Fern Gully. Es ging durch die wunderschönen Regenwälder, durch Stewart Islands berühmten Matsch und Modder und entlang der Küste.

 

 

Ansonsten ließen wir den Tag gemütlich ausklingen... Da wir von den Beobachtungen der letzten Tage gelernt hatten, gingen wir bereits gegen 15:30 Uhr in die Küche und genossen es, ausreichend Platz und Raum zu haben. Immerhin mussten wir u.a. auch für die dreitägige Wanderung vorkochen. Wir saßen gerade beim Essen als eine Riesengruppe von über 25 Menschen (Altersdurchschnitt Mitte 50) das viel zu kleine Hostel und die Küche stürmten! Während Kai sich ins Zelt zurückzog, schaute ich mir das Treiben von der Couch aus der Lounge aus an. Leider verlor ich dabei meine Mini SD Karte aus meiner Kamera und nachdem ich verschiedenste Leute gebeten hatte, aufzustehen um auch unter fast jeder Sitzgelegenheit nachzusehen, gab ich es schließlich traurig und entmutigt auf. Die letzten paar Bilder waren natürlich noch nicht auf dem Pc gesichert. Kai sprach mir Mut zu... und tatsächlich fand er sie in der Nacht um 00:30 nachdem wir von unserer Kiwi Spotting Tour (kein Kiwi, aber ein kleiner Pinguin am Hafen) und einem kleinen Schläfchen nochmal in die nun leere Lounge gingen. Hinter einem der Sofas war sie hinter die Heizung gerutscht. So traurig ich vorher war, so glücklich war ich in dem Moment und konnte beruhigt schlafen: Die letzte Nacht im großen Luxuszelt.

 

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